Ich hatte unlängst, noch vor der Entscheidung des Europaparlaments zu einer Zerschlagung von Google schon meine Bedenken ausgedrückt. Nachdem das Parlament – laut Medienberichten auch vorangetrieben durch den deutschen CDU-Europaparlamentarier Dr. Andreas Schwab aus Baden-Württemberg – diese Beschluss gefasst hat, hat Nico Lumma einen sehr lesens- und nachdenkenswerten Blogpopst zu dieser Thematik geschrieben, den ich hiermit jedem ans Herz legen möchte:
Kategorie: Medienpolitik
Europas Probleme mit Google
Das Europaparlament will also Google zerschlagen. So berichten zumindest die Medien. Nach dem Eindruck, den Günther Oettinger seit seinem Antritt macht, stand so etwas zu befürchten. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal.
Ja, Google ist groß, präsent und erfolgreich. Aber in was für einer Wirtschaftswelt leben wir, in dem das schlecht ist? Google ist ja gerade kein ehemaliges Staatsunternehmen, das in ein Monopol entlassen wurde wie die Bahn. Es war auch nicht von Anfang an dabei. Wer sich an die Anfänge des Internet erinnert, der kannte kein Google. Damals gab es Yahoo. Ein Unternehmen wie Google hat sich hochgearbeitet und erfolgreich am Markt platziert. Dafür sollte diesem Unternehmen Anerkennung erfahren und nicht die Zerschlagung angedroht werden.
Wenn man der Meinung ist, dass wir eine europäische Alternative zum US-amerikanischen Google brauchen, dann müssen wir hier in Europa und gerade in Deutschland die Rahmenbedingungen für Gründer im Allgemeinen und digitale Startups im Besonderen verbessern. Und dann wird der Markt es regeln, wenn dieser eine Nachfrage für eine weniger allmächtige Suchmaschine bietet.
Es kann doch heute nicht immer der Ruf nach Marktdirigismus sein, der erschallt, wenn Unzufriedenheit mit dem Gebaren eines Unternehmens herrscht. Die Marktwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten zu viel Wohlstand in Europa geführt. Dass dies im europäischen Parlament wohl nicht mehr allzu präsent zu sein scheint, muss einen mit Sorge erfüllen.
Superungeil
Ich muss mich mal outen: Ich finde die die vielfältigen medialen Kreationen, mit denen Politiker und Parteigliederungen auf sich aufmerksam machen, häufig sehr drollig. Ob es die CDU samt Kuh aus Ahaus oder die Mission der Jungen Union aus Tempelhof-Schönberg ist, die Leute habens ich Gedanken gemacht und hingesetzt und Arbeit reingesteckt in ein Ehrenamt. Das ist viel mehr, als sich viele Leute in unserer Gesellschaft überhaupt befleissigen zu tun.
Nun viralisierte ja vor einiger Zeit dieses Supergeil-Video, welches von einem Berliner Musikprojekt namens Der Tourist produziert wurde. Aufgrund des Zuspruchs hat sich dann gedacht, geben wir den ganzen Leuten doch die Möglichkeit, sich hier kreativ zu betätigen.
Das hat sich auch die Junnge Union Darmstadt zu Herzen genommen und mit einem freien Beat an Anlehnung an das Ursprungslied ein Video kreiert. Das Video wurde aus dem Netz genommen – ich hab das Video auch vorher nicht gesehen, kann also nichts zur Qualität sagen – denn jetzt kommt der superungeile Part:
Jetzt plötzlich will man also gefragt werden? Nachdem man am 3. März noch groß verkündet hat, man könne damit machen, was man will? Aber es ist ja egal, schließlich hätte man es der JU nicht erlaubt, weil es die JU ist. Passt ja so gar nicht in das hippe, urbane, irgendwie linke (und finanziell vollkommen am Boden liegende) Berlin.
Ich finde es schon ein wenig merkwürdig: Die Union als einzige Gruppierung, die mehrheitlich Urheberrechte recht rigide gerade im Netz stärken und damit Künstlern einen Teil ihres Einkommens zu erhalten, wird von vielen Künstlern eher milde belächelt, wenn nicht sogar abgelehnt. Wäre ja mal ein supergeiler Gedanke, sich über solche Zusammenhänge klar zu werden.
Der Bayrische Rundfunk hatte berichtet, dass ein Bankkunde, der einem Freund in der Schweiz Geld überweisen hat mit einem Scherzbetreff nun die nächsten 10 Jahre auf einer schwarzen Liste der Bundesbank steht.
Was war passiert: Ein Bankkunde mit islamisch klingendem Namen hatte einem Freund für einen Urlaub Geld überwiesen. Um den Freund zum Lachen zu bringen, hatte er in den Betreff für die Überweisung „danke für die nacht … kommune1 … bin laden.“ eingetragen. Ob das nun jeder lustig findet, oder nicht, ist in meinen Augen unerheblich. Ich finde unter Freunden bei kleineren Beträgen Spaßbetreffe durchaus nicht unüblich.
Nun gibt es wohl ein automatisiertes System, dass nach bestimmten Wörtern filtert, um Geldwäsche und Terrorismusfinzanzierung zu entdecken. Allein die Kreativität der Schlüsselwörter hat mich zutiefst beeindruckt. Da „bin laden“ wohl ein Kennwort in der Terrorismusfinanzierung ist, sollten Leute, die Geld waschen lieber keinen Betreff verwenden wie „Schwarzgeld aus Drogenhandel“.
Auch, wenn wohl alle Beteiligten der Ansicht sind, der Verdacht ist unbegründet, steht der Kunde jetzt 10 Jahre auf einer Liste seiner Bank und der Bundesbank – wohl gemerkt: bei einem UNBEGRÜNDETEN Verdacht. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass es Auswirkungen auf Kredite, Reisen, etc. haben kann. Das war der Punkt, wo ich das erste Mal dachte, irgendwas läuft hier aber vollkommen schief. Oder um es mit einem Meme zu sagen:
Jetzt passiert in einem zweiten Schritt etwas, was mich fast noch mehr aus der Bahn wirft: Das ganze Verfahren wird kritisiert – in meinen Augen zu Recht. Aber die Hauptkritik, die derzeit vom Bayrischen Datenschutzbeauftragten vorgetragen wird, dreht sich um den Output und die Konsequenzen für den Betroffenen. Das bayrische LKA findet das Instrument total toll, das bayrische Innenministerium verweist nur dorthin und die SPD-Landtagsfraktion möchte eine wissenschaftliche Begutachtung.
An diesem Punkt konnte nicht einmal das Jackie-Chan-Meme ausdrücken, was ich dachte. Wird da allen Ernstes über dieses System diskutiert? Bin ich der Einzige, der bei der Verknüpfung von „bin Laden“ im Betreff und ausgelösten Alarmglocken in Sachen Terrorverdacht schon am dem Punkt war, wo er den Stecker ziehen wollte und zwar ohne große ernsthafte Diskussion? Dazu genügt doch manchmal wirklich der gesunde Menschenverstand.