In der schwarz-gelben Koalition herrscht derzeit ein Streit um das sogenannte Betreuungsgeld, teilweise auch von den Gegnern Herdprämie genannt.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich den grundsätzlichen Ansatz dahinter für falsch halte. Nur, weil die Kinderbetreuung in Einrichtungen gefördert wird, muss nicht auch die Nichtinanspruchnahme gefördert werden. Wenn heute trotz hoher Steuereinnahmen der Bundeshaushalt noch immer eine hohe Neuverschuldung aufweist, dann kann ich nicht verstehen, wie über mehr Ausgaben nachgedacht wird. Es gibt darüber hinaus noch viele Argumente gegen die Einführung, auch einige gute dafür, aber darüber soll hier nicht geschrieben werde. Ich für meinen Teil halte nach Abwägung diese Einführung des Betreuungsgeldes für falsch.
Das Problem hinter diesem Streit in der Koalition ist eigentlich in meinen Augen ein viel Zentraleres: Welchen Wert misst man der Koalitionsvereinbarung zu? Denn die Koalitionsvereinbarung wird als maßgeblicher Grund für die Einführung angeführt.
Ich empfinde diese Begründung der CSU als eine Frechheit: Im Bereich der Energiepolitik wird eine 180°-Wende vollzogen, ohne dass sich dafür ein Grund in der Koalitionsvereinbarung fände. Die Wehrpflicht, zu deren Beibehaltung sich die Koalitionsvereinbarung eindrücklich bekennt, wurde durch einen CSU-Minister aufgrund persönlichen Geltungsdrangs gekippt. Die vereinfachende Steuerreform, die schon seit langem immer wieder gefordert wird und daher zurecht Eingang in die Koalitionsvereinbarung fand, wird nicht durchgeführt. Das sind nur drei Punkte, die nicht wie in der Koalitionsvereinbarung zu finden, Eingang in konkretes Regierungshandeln fanden.
Daher halte ich es für mehr als dreist, um nicht das Wort schäbig zu nennen, wenn sich jetzt eine Regionalpartei mal wieder aus eigenem Interesse daran macht, die Arbeit der Koalition zu stören. Ich erinnere hier gerne an die Verschiebungen durch Peter Ramsauer im Bereich der Infrastrukturprojekte zu Bayerns Gunsten oder die Arbeit von Ilse Aigner, deren Aussagen im Bereich der Netzpolitik vollkommen unterirdische waren. Darüber hinaus gab es ja in der Vergangenheit derart sinnfreie Aussagen von Norbert Geis oder Hans-Peter Uhl, die ich einfach nicht mehr kommentieren möchte.
Ich habe ja Verständnis dafür, dass Regierungen aufgrund aktueller Veränderungen nicht so reagieren können, wie es im Vorfeld geplant war. Aber wenn man dann dermaßen über das ziel hinausschießt, wie Seehofer mit seiner Aussage, künftig an keinem Koalitionsausschuss mehr teilzunehmen, bis das Betreuungsgeld auf dem Tisch liegt, dann stellt sich in meinem Augen auch die Frage nach der Regierungsfähigkeit der CSU außerhalb ihrer eigenen kleinen bayrischen Welt.
Nachsatz: Ich bin allerdings auch nicht bei der SPD, die es offenbar für sinnvoll hält, die Kinder möglichst schnell aus den Familien zu reißen, um sie dann – möglichst ohne Einflussnahme der unfähigen Eltern – zentral nach den eigenen Wertvorstellungen zu gestalten. Das ist ein ganz gruseliges Welt- und Menschenbild.
2 Antworten auf „Der Streit ums Betreuungsgeld“
Ich empfinde das permanente Pochen auf den Koalitionsvertrag auch als sehr irritierend – man denke nur an das nicht umgesetzte Steuerprogramm der FDP, das dieser massiv geschadet hat – dennoch nimmt die FDP ganz selbstverständlich weiter an den Koalitionsrunden teil. Davon abgesehen ist es enorm schwer, dem Wähler eine Politik verkaufen zu wollen, die nicht primär deshalb umgesetzt wird, weil sie die Mehrheit der gewählten Abgeordneten für richtig und sinnvoll hält, sondern allein deshalb, weil sie unter gänzlich anderen Umständen in einem inzwischen ohnehin überholten Vertragswerk festgeschrieben wurde…
Ich finde, dass Eltern nach wie vor extrem viele Möglichkeiten haben, die leben ihrer Kinder zu verbauen – man sollte dem Staat vielleicht auch noch seine Chance lassen ;)